Der Berliner Ring wird zur autoreduzierten Zone? Eine Petition möchte das erreichen

Berlin Siegessäule Cyclists

In Paris ist es bereits beschlossen. In Berlin hat das Projekt gerade erst begonnen. Am 25. April startete eine Aktionsgruppe die Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren “Autofreies Berlin” und wir haben unterschrieben. Ziel ist es, dass die gesamte Innenstadt innerhalb des S-Bahn-Rings fast komplett frei von Kraftfahrzeugen wird. 

Dadurch soll der Alltag in der deutschen Hauptstadt lebenswerter und fahrradfreundlicher werden. Ein fast komplett autofreies Stadtzentrum würde zu gesünderer Luft und sichereren Straßen führen. Dies wird auch einen großen positiven Beitrag zum Klimawandel leisten, indem der Kohlendioxidausstoß reduziert wird. Es ist als größtes autoreduziertes Stadtzentrum der Welt geplant.


Wie könnte eine fast autofreie Stadt aussehen?

Die Idee einer autofreien Stadt ist nicht neu. Ähnliche Versuche gab es bereits beispielsweise mit dem Sonntag ohne Auto in verschiedenen Ortschaften. Die Straßen während der gesamten Woche frei vom Individualverkehr zu halten, gestaltet sich allerdings als deutlich schwieriger. Vollständig möglich wäre es kaum.

Es ist unsere Aufgabe geworden, die Stadt der Zukunft zu denken, denn nur gemeinsam können wir sie gestalten. Ampler Bikes entwickelt nicht nur das Transportmittel für die Stadt der Zukunft, sondern möchte auch ein Bewusstsein dafür schaffen, wie diese Stadt aussehen könnte. Die Zahl der Kraftfahrzeuge zu verringern, wäre bereits ein starker Anfang. Wie würde sich dies gestalten?

Zentrum Berlin Autofrei mit Ampler E-Bikes

Mit dem Auto in die Stadt

Das Problem äußert sich vor allem darin, dass immer mehr Menschen pendeln. Innerhalb der großen Städte steigen die Immobilienpreise und Mieten. Daraus resultiert, dass der Wohnraum knapper wird und mehr Menschen sich ein Zuhause im Umland suchen müssen. Dadurch kommen längere Strecken zu ihren Arbeitsplätzen auf sie zu. Nutzen Pendler ihr eigenes Auto, steigt die Verkehrsdichte.

Dieser individuelle Pendelverkehr führt dazu, dass wiederum weniger Platz in Städten zur Verfügung steht. Es werden Parkplätze und Parkhäuser benötigt, Straßen ausgebaut und Flächen von Autos eingenommen. Außerdem verschlechtert sich die Luftqualität und es steigt der Lärmpegel.

Kurzum, der Autoverkehr nimmt starken Einfluss auf das Leben derjenigen, die in der Stadt leben.


Eine Stadt für die Menschen

Der Konsens lautet, dass eine Stadt für die Menschen gedacht ist, die dort leben. So fasst es Philine Gaffron vom Institut für Verkehrsplanung und Logistik an der TU in Hamburg zusammen. Dementsprechend sollte das Ziel darin bestehen, die Lebensqualität ihrer Bewohner zu verbessern.

Dazu gehört die Verringerung des Individualverkehrs. Das bedeutet, dass Lieferverkehr, Taxen oder Busse weiterhin erlaubt wären, jedoch nicht mehr jeder einzeln im Auto durch die Stadt fahren dürfe. Dazu wäre ein gut ausgebautes Netz des öffentlichen Nahverkehrs erforderlich.

Wichtig sind außerdem Radwege, die es weiterhin den Bewohnern ermöglichen, sich innerhalb ihrer Stadt individuell fortzubewegen. Die Abwesenheit von Autos gewährleistet eine höhere Sicherheit im Straßenverkehr. Noch immer kommt es in Deutschland zu vielen Verkehrsunfällen, in die Radfahrer involviert sind. Sie gehören zu den am stärksten gefährdeten Verkehrsteilnehmern.


Die autofreie Stadt – ein angenehmeres Erlebnis für alle?

In deutschen Großstädten kommen auf 1.000 Anwohner etwa 450 Autos. Das bedeutet, fast jeder Zweite besitzt eines. Viele dieser Fortbewegungsmittel stehen einen Großteil der Zeit ungenutzt auf Parkplätzen. Experten halten daher eine Zahl von 150 Pkw als ausreichend und erstrebenswert.

Die Einschränkung von Autos könnte zur Folge haben, dass zwangsläufig Bewohner und Pendler verstärkt auf den öffentlichen Nahverkehr oder das Rad umsteigen. Aufgrund der erhöhten Sicherheit dank eines eingeschränkten Verkehrsaufkommens legen sich eventuell die Hemmungen, das Fahrrad zu nutzen.

Ein anderer Faktor für das Gelingen solcher Pläne könnte die sogenannte Push-und-Pull-Strategie darstellen. Dazu gehören Bürgertickets, dank derer sich die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel günstiger wird. Gut ausgebaute Radwege, Schnellradwege sowie eine übersichtlich gestaltete Verkehrsführung erleichtern das Radfahren innerhalb der Städte. 

Ein weiterer Faktor ist die Praktikabilität der Alternativen. Ampler Bikes gestaltet federleichte E-Bikes, die jedem Tag gewachsen sind.

Gibt es bereits autofreie Städte?

Wie bereits erwähnt, ist das Konzept der autofreien Stadt nicht neu. Innerhalb Europas lassen sich Innenstädte finden, die für den Individualverkehr gesperrt bleiben. In Deutschland ist dies hauptsächlich auf einigen einzelnen Inseln wie Helgoland oder Langeoog der Fall. Einige autofreie Bereiche brachten ebenfalls Bürgerinitiativen voran. So gibt es in Wien die Maria-Hilfer-Straße, in der nur Busse und Räder zugelassen sind. Andere Städte und Orte zeigen sich noch konsequenter.


Autofrei durch Europa?

Mittlerweile drängen nahezu alle europäischen Großstädte auf eine Verminderung des Individualverkehrs. In London, Madrid, Athen, Brüssel oder Oslo wurde er bereits stark eingeschränkt. Mautsysteme und die Verbote alter Fahrzeuge sind nur der Beginn. In Graz in Österreich planen die Grünen einen autofreien Tag. Teilweise gibt es generell ausgesprochene Fahrverbote. In Paris wurde gerade entschieden, das Stadtzentrum zu einer autoreduzierten Zone werden zu lassen und diskutiert über die Details. 

Diese Versuche, den Autoverkehr in Innenstädten zu reduzieren, fanden anfangs nur vereinzelt statt. Erst mit der Zeit und der wachsenden Aufmerksamkeit für den Klimawandel steigt das Interesse an einer autofreien Stadt. Selbst Stuttgart, eine der deutschen Autostädte schlechthin, plant mittlerweile Beschränkungen. Dies nicht zuletzt der Umwelt zuliebe, sondern auch für die Gesundheit der Bürger.

Etwa 85 Prozent aller Bewohner in europäischen Städten sehen sich einer hohen Feinstaubbelastung ausgesetzt. Diese schätzt die internationale Gesundheitsorganisation WHO als gefährlich ein. In der EU gehen rund 467.000 vorzeitige Todesfälle auf eine starke Belastung der Luft zurück. Zwar gibt es schon länger Grenzwerte, doch kümmerten sich viele Regierungen eher stiefmütterlich um die Qualität der Luft. Dies ändert sich nun.


Welche Städte können als Vorbild dienen?

Einige europäische Städte arbeiten mittlerweile an einer besseren Luft- und damit Lebensqualität. Als Vorreiter dienen hierbei die Länder in Nordeuropa.

  • Oslo arbeitet schon lange an einem Konzept, dass Fußgängern und Radfahrern einen höheren Stellenwert einräumt als Autos. Dafür will der Stadtrat Radwege ausbauen und die Stadt insgesamt barrierefrei gestalten. Busse und Straßenbahnen bleiben erhalten, damit die Menschen sich weiterhin innerhalb der Innenstadt fortbewegen können.
  • Stockholm bietet seinen Bewohnern autofreie Monate und will damit die Lebensqualität erhöhen. Dafür bleibt das Stadtzentrum in den Sommermonaten von Mai bis September für den Autoverkehr geschlossen. Was 2015 mit nur zwei autofreien Straßen begann, wuchs in den letzten Jahren. Nicht zuletzt dank der wachsenden Begeisterung der Bürger und Bürgerinnen in der schwedischen Hauptstadt. Seit 2017 bleiben einige Straßen auch in den Wintermonaten gesperrt.
  • Wien plant ebenfalls eine autofreie Innenstadt. Die kleinen, schmalen Gassen im Zentrum der österreichischen Hauptstadt sind schnell überfüllt und es fehlt an Parkplätzen. Den Ring um die Altstadt will Wien für Autos weiterhin öffnen, doch die Fahrt hinein wird verboten. Allerdings soll es für Anwohner, Hotelgäste sowie den Lieferverkehr Ausnahmen geben. Wie erfolgreich dieses Projekt sein wird, muss sich erst noch zeigen. Der Plan, die erste autofreie Stadt im deutschsprachigen Raum zu werden, ist zumindest engagiert.

Berlin autofrei – die Bürgerinitiative

Mit einer Sammlung von Unterschriften plant die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ auch für die deutsche Hauptstadt ein Konzept umzusetzen. Das Ziel besteht nicht nur darin, einen großen Teil des Individualverkehrs aus der Stadt herauszuhalten. Das Leben soll insgesamt sichererer, gesünder und klimaschonender werden. Dafür beginnt das Sammeln der Unterschriften ab dem 25. April auf der Seite der Initiative.


Was fordert der „Volksentscheid Berlin autofrei“?

Ziel der Initiative ist es, so steht es im Gesetzesentwurf, eine „gemeinwohlorientierte Straßennutzung“ zu erreichen. Aufgrund des knappen Wohnraums besteht der Wunsch nach einer sozial gerechten Verkehrswende. Außerdem soll die Stadt so auf die Anforderungen des Klimawandels reagieren. Wie die vorangegangenen Beispiele zeigen, gilt eine stark befahrene Innenstadt nicht mehr als zeitgemäß.

Natürlich sollen notwendige Fahrten weiterhin erlaubt bleiben. Dazu zählen:

  • Taxen
  • Busse
  • Lieferverkehr
  • Polizei
  • Feuerwehr
  • mobilitätseingeschränkte Personen 

All das gilt für den Raum innerhalb des S-Bahn-Rings um die Berliner Innenstadt. Würde das Gesetz in diesem geforderten Maß umgesetzt, hätte Berlin die „weltweit größte, autoarme Innenstadt“ mit einer Größe von 88 Quadratkilometern.

Die individuelle Nutzung des Autos innerhalb dieses Bereichs soll sich für Privatpersonen auf zwölf Tage im Jahr beschränken. Dies gilt beispielsweise für den Transport von Lasten oder die Fahrt in den Urlaub. Für diese Touren wären es dann notwendig, in einem Portal einen genauen Grund anzugeben. Die Zahl dieser Fahrten solle sich ein paar Jahre später auf sechs reduzieren.


Gesünder und ruhiger leben ins Berlins Innenstadt

Wie bereits erwähnt, ist die Feinstaubbelastung in vielen Städten besonders hoch und wirkt sich auf die Gesundheit der Bewohner aus. Zusätzlich erzeugt der Verkehr einen extremen Lärmpegel, der ebenfalls schadhaft sein kann. Schlafen bei offenem Fenster scheint einigen Stadtbewohnern ein Ding der Unmöglichkeit.

Zusätzlich fehlt es an Raum zum Spielen. Zwar nahmen die Verkehrsunfälle, in denen Kinder involviert waren, in den letzten Jahren deutlich ab, dennoch besteht hier eine besonders hohe Gefahr. Diese gehen oft auf ein Fehlverhalten der Kleinsten zurück, so die Polizei, beispielsweise durch Missachten der Vorfahrt oder falsche Straßennutzung.

Doch ist es natürlich problematisch und für die Eltern unmöglich, das Kind durchgehend im Auge zu behalten. Bereiche und Straße ohne Verkehr böten beim Spielen zusätzliche Sicherheit.

Im Übrigen lehnt die Initiative eine Citymaut oder höhere Parkplatzgebühren ab. Diese seien unsozial, da nicht jeder sie sich leisten könne. Dadurch bliebe ausschließlich Personen mit geringerem Einkommen die Fahrt in die Stadt verwehrt. Auch die Fahrt von E-Autos soll innerhalb der Berliner Innenstadt verboten werden. Sie stellten ebenfalls eine Gefahr dar und nähmen anderweitig nutzbaren Platz ein.


Wie kannst du die „Initiative Berlin autofrei“ unterstützen?

Die Initiative plant einen Volksentscheid für 2023. Da sich der Gesetzesentwurf auf das Straßenrecht bezieht und nicht auf das Straßenverkehrsrecht, kann sie so das Bundesrecht umgehen. Um das Volksbegehren zu beantragen, brauchen die Initiatoren bis Juni 20.000 Unterschriften. Erreichen sie damit den Volksentscheid, benötigt dieser wiederum 610.000 Ja-Stimmen.

Möchtest du dich ebenfalls an dieser Unterschriftensammlung beteiligen? Seit dem 25. April ist dies auf der Seite der Initiative möglich! 

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